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Cost-per-Part bei der Bearbeitung im Fokus

Wenn sich ein Hersteller von Werkzeugmaschinen und ein für seine Auf- und Feinbohrwerkzeuge bekannter Werkzeughersteller für ein gemeinsames Projekt zusammenfinden, sind außergewöhnliche Ergebnisse vorprogrammiert. NILES-SIMMONS und MAPAL haben gemeinsam einen Prozess entwickelt, der die Bearbeitungszeit von Statorgehäusen für Elektromotoren aus der E‑Mobility-Branche deutlich reduziert und dabei mit innovativen Details aufwartet.

Die Zer­spa­nung des Sta­tor­ge­häu­ses umfasst die Innen­be­ar­bei­tung mit ver­schie­de­nen Absät­zen, die Bear­bei­tung der klei­ne­ren Mit­ten­boh­rung sowie die Bear­bei­tung der Außen­seite mit ihren Kühlrippen.

 

Der Wan­del in der Auto­mo­bil­in­dus­trie vom kon­ven­tio­nel­len Ver­bren­nungs­mo­tor hin zum Elek­tro­an­trieb wird immer deut­li­cher. NILES-SIMMONS stellt sich die­sem Umbruch und zielt mit effi­zi­en­tes­ten Her­stel­lungs­ver­fah­ren auf die Tei­le­fer­ti­gung für die E‑Mo­bi­lity-Bran­che, um an die erfolg­rei­chen Zei­ten in der  Kur­bel­wel­len­fer­ti­gung naht­los anzuknüpfen.

Der über­wie­gende Teil der von NILES-SIMMONS in Chem­nitz gebau­ten Maschi­nen dient der Bear­bei­tung rota­ti­ons­sym­me­tri­scher Werk­stü­cke. Wäh­rend hier die Dreh­be­ar­bei­tung im Vor­der­grund steht, kon­zen­triert sich MAPAL als Werk­zeug­her­stel­ler über­wie­gend auf kubi­sche Bau­teile, die gebohrt, gerie­ben und gefräst wer­den. Vor die­sem Hin­ter­grund ist es wenig ver­wun­der­lich, dass es zwi­schen den bei­den Unter­neh­men in der Ver­gan­gen­heit wenig Berüh­rungs­punkte gab. Das
sollte sich bei der EMO 2019 ändern. Am Mes­se­stand von MAPAL hat NILES-SIMMONS, ein Expo­nat ent­deckt, das als Dreh­teil iden­ti­fi­ziert wurde: ein Sta­tor­ge­häuse für Elek­tro­mo­to­ren. MAPAL hatte bis dahin die Fein­bohr­wer­keuge für die Bear­bei­tung der Teile auf Fräs­zen­tren als sehr effi­zi­en­ten, hoch­ge­nauen Pro­zess in der Indus­trie etabliert.

 

VORTEILHAFTE KOMBINATION AUS DREHEN UND AUF- BZW. FEINBOHREN

Beide Sei­ten gewan­nen schnell den Ein­druck, dass mit einer Kom­bi­na­tion aus Dre­hen und Auf- bzw. Fein­boh­ren die Bear­bei­tung die­ses Schlüs­sel­bau­teils für die E‑Mobilität auf eine neue Ebene geho­ben wer­den könnte. Im Nach­gang der Messe wurde ein gemein­sa­mes Ent­wick­lungs­pro­jekt ins Leben geru­fen. NILES-SIMMONS baute eigens für das Pro­jekt eine Maschine um, MAPAL lie­ferte die Werk­zeuge für die Vor,- Semi- und Fertigbearbeitung.

Topf­för­mige Bau­teile wie Sta­tor­ge­häuse sind eine sehr häu­fig ein­ge­setzte Bau­form für Elek­tro­mo­to­ren in der Auto­mo­bil­in­dus­trie. Das dünn­wan­dige Alu­mi­ni­um­ge­häuse ist außen mit Rip­pen für den Kühl­kreis­lauf ver­se­hen und wird in das grö­ßere Motor­ge­häuse mon­tiert. „Wir haben hier ein rota­to­ri­sches Werk­stück mit einer rück­sei­ti­gen Unwucht, das gedreht wer­den kann, aber auf­grund der hohen Durch­mes­ser­ge­nau­ig­keit sowie den vom Markt geforderten
Form- und Lage­to­le­ran­zen auf- und fein­ge­bohrt wer­den muss“, beschreibt MAPAL Gebiets­ver­kaufs­lei­ter André Ranke die Aus­gangs­lage der Ent­wick­lungs­part­ner­schaft. Für die Ver­su­che, die im Rah­men des Pro­jekts bei NILES-SIMMONS zusam­men mit Tech­ni­kern von MAPAL statt­fan­den, kam kein Kun­den­werk­stück, son­dern ein von MAPAL ent­wor­fe­ner Dummy zum Ein­satz, der alle seri­en­na­hen Anfor­de­run­gen abbil­det. Die Innen­durch­mes­ser bewe­gen sich hier­bei im Bereich von 220 mm bis 231 mm, die Außen­durch­mes­ser zwi­schen 250 mm und 260 mm. Es wer­den innen und außen Pas­sungs­to­le­ran­zen im IT6-Bereich gefor­dert, sowie Zylin­der­for­men zwi­schen 20 und 30 μm. Die Kon­zen­tri­zi­tät zwi­schen den ver­schie­de­nen Durch­mes­sern ist teil­weise auf 0,05 mm
eingeschränkt.

Pro­jekt­team (v.l.): Ver­kaufs­lei­ter Tho­mas Lötzsch, Ent­wick­lungs­in­ge­nieur Tech­no­lo­gie Chris­tian Wink­ler, Pro­jekt­lei­ter Daniel Pilz (alle NILES-SIMMONS), Gebiets­ver­kaufs­lei­ter André Ranke, Tech­ni­scher Bera­ter Axel Schwarze und Anwen­dungs­tech­ni­ker Heiko Süß (alle MAPAL). Im Vor­der­grund die Innen­be­ar­bei­tungs­werk­zeuge von MAPAL zum (v.l.) Vor­schrup­pen, Schrup­pen, zur Bear­bei­tung der Mit­ten­boh­rung und zum Schlich­ten sowie das Werkstück.

 

ALLE WERKZEUGE SIND BEREITS IN DER MASCHINE

Für die Ent­wick­lung wählte NILES-SIMMONS eine Pick-Up-Dreh­ma­schine vom Typ DZS 315 der eben­falls in Sach­sen ansäs­si­gen NSH­Toch­ter­firma RASOMA. Die Maschine ist modu­lar auf­ge­baut und kann somit für die jewei­lige Bear­bei­tung pass­ge­nau kon­fi­gu­riert wer­den. Im Ver­suchs­auf­bau wur­den eine oben angeordnete
ver­ti­kale Werk­stück­spin­del, eine unten ange­ord­nete Werk­zeug­spin­del, ein Werk­zeug­kon­sol und ein Werk­zeug­re­vol­ver ein­ge­setzt. Gene­rell kön­nen wei­tere Bear­bei­tungs­ein­hei­ten in die Maschine inte­griert wer­den und somit alle not­wen­di­gen Werk­zeuge in der Maschine unter­ge­bracht wer­den, um Rüst- und Neben­zei­ten zu mini­mie­ren. Die obere Spin­del nimmt das Werk­stück auf und ver­fährt es in einer ein­zi­gen Auf­span­nung mit dem Bett­schlit­ten nach­ein­an­der zu den Stationen.

Die ver­ti­kale Bear­bei­tung bie­tet Vor­teile. Zum einen eine platz­spa­rende Ver­ket­tung der ein­zel­nen Bear­bei­tungs­ein­hei­ten, der opti­male Trans­port von Spä­nen und Pro­zess­hilfs­stof­fen sowie eine kom­pakte Maschi­nen­bau­weise mit gerin­ger Auf­stell­flä­che inklu­sive einem Pick-up System.

Beim Dre­hen ist das Pick-up eine übli­che Lösung, wie sie bei ver­gleich­ba­ren Tei­len heute schon viel­fach genutzt wird. Diese Bela­dung ist für eine auto­ma­ti­sierte Groß­se­ri­en­fer­ti­gung von Sta­tor­ge­häu­sen ideal kon­zi­piert“, berich­tet Tho­mas Lötzsch, Ver­kaufs­lei­ter bei NILES-SIMMONS.

Der ent­schei­dende Vor­zug des neu ent­wi­ckel­ten Pro­zes­ses ist die damit mög­li­che Stei­ge­rung der Pro­duk­ti­vi­tät. Auf Anhieb ist es gelun­gen, die Pro­duk­ti­ons­zeit für das Bau­teil im kom­bi­nier­ten Dreh-Bohr-Ver­fah­ren gegen­über dem kon­ven­tio­nel­len Dreh­pro­zess um 50 Pro­zent zu ver­kür­zen. Daniel Pilz, der das Pro­jekt bei NILES-SIMMONS lei­tete, beschreibt wie die Zeit in den ein­zel­nen Arbeits­schrit­ten ein­ge­spart wird, bei denen sich von Fall zu Fall Werk­stück, Werk­zeug oder beide
gleich­zei­tig drehen.

 

links + mitte: Das Werk­stück ist an der obe­ren Spin­del gespannt und wird in einer Auf­span­nung nach­ein­an­der zu den Bear­bei­tungs­sta­tio­nen ver­fah­ren; rechts: Ers­ter Arbeits­schritt ist das Schrup­pen der Innen­seite des Gehäuses.

 

BEWÄHRTE WERKZEUGE AUF NEUE WEISE EINGESETZT

Die erste Sta­tion dreht den bis­lang von MAPAL ein­ge­setz­ten Pro­zess um. Anstatt das Bau­teil mit einem dre­hen­den Werk­zeug zu schrup­pen, steht das Werk­zeug in der Maschine still und nur das von oben kom­mende Werk­stück dreht sich. Weil das Werk­zeug von MAPAL im Gegen­satz zu einem her­kömm­li­chen Dreh­mei­ßel mit vier Schnei­den aus­ge­stat­tet ist, wird für das kom­plette Vor­schrup­pen der ver­schie­de­nen Innen­durch­mes­ser am Bau­teil nur etwa ein Vier­tel der Zeit benötigt.

Im zwei­ten Bear­bei­tungs­schritt kommt ein von NILES-SIMMONS eigens ent­wi­ckel­tes Glo­cken­werk­zeug für die Außen­kon­tur in Kom­bi­na­tion mit einem MAPAL ISO-Auf­bohr­werk­zeug für die Semi­sch­licht­be­ar­bei­tung des Innen­durch­mes­sers zum Ein­satz. Die Innen- und Außen­seite des Werk­stücks wer­den gleich­zei­tig bear­bei­tet. „Die Beson­der­heit ist, dass ein ste­hen­des Außen­be­ar­bei­tungs­werk­zeug am Spin­del­ge­häuse ange­bracht ist. Die Spin­del treibt das Innen­be­ar­bei­tungs­werk­zeug an“, beschreibt Daniel Pilz den Auf­bau. In den von die­sen bei­den Werk­zeu­gen gebil­de­ten Ring­spalt taucht das Werk­stück ein.
Mit einer ein­zi­gen Vor­schub­be­we­gung wer­den alle Durch­mes­ser her­ge­stellt, das sind bei die­sem kon­kre­ten Bau­teil je drei Innen- und Außendurchmesser.
Pro Durch­mes­ser sind vier Schnei­den ein­ge­setzt. „Zusam­men mit dem Vor­teil, dass wir innen und außen simul­tan bear­bei­ten, kom­men wir ins­ge­samt auf nur noch ein Ach­tel der Zeit, die wir für kon­ven­tio­nel­les Dre­hen benö­ti­gen wür­den“, rech­net Pilz vor. Wei­tere Vor­teile sind:

• Durch die gegen­läu­fi­gen Schnitt­kräfte von Innen- und Außen­be­ar­bei­tung muss am Spann­mit­tel des Werk­stücks ein gerin­ge­res Dreh­mo­ment gehal­ten werden.
• Schwin­gun­gen des dünn­wan­di­gen Bau­teils bei der Bear­bei­tung wer­den durch den zeit­glei­chen Ein­griff der Schnei­den innen und außen gedämpft.

Die zeit­glei­che Innen- und Außen­be­ar­bei­tung fand bei die­sem Ver­such mit einer Schnitt­ge­schwin­dig­keit von 700 m/min statt. Die Bear­bei­tung im Sand­wich­ver­fah­ren mit dem Werk­stück in der Mitte sorgt dafür, dass das Bau­teil wäh­rend der Bear­bei­tung sta­bi­li­siert wird, weil die Schnei­den von bei­den Sei­ten gleich­zei­tig im Ein­griff sind und so das Teil füh­ren. Auf­wen­dige Spann­tech­nik mit Schwin­gungs­dämp­fung erüb­rigt sich damit, was sich bei den Kos­ten bemerk­bar macht. Wäh­rend die Indus­trie das Werk­zeug von MAPAL bereits auf hori­zon­ta­len Bear­bei­tungs­zen­tren zur Innen­be­ar­bei­tung von Sta­tor­ge­häu­sen einsetzt,
wurde das glo­cken­för­mige Außen­werk­zeug von NILES-SIMMONS neu ent­wi­ckelt und der inno­va­tive Pro­zess zum Patent angemeldet.

Die noch fol­gende Fer­tig­be­ar­bei­tung über­nimmt ein bereits bewähr­tes leis­ten­ge­führ­tes MAPAL Fein­bohr­werk­zeug, mit dem die Mit­ten­boh­rung für die Sta­tor­la­ge­rung schließ­lich kom­plett inklu­sive aller Stu­fen geschlich­tet wird. Das dazu ein­ge­setzte Fein­bohr­werk­zeug stellt MAPAL in verschiedenen
Aus­füh­run­gen her. Für die Ver­su­che in Chem­nitz wurde eine Schweiß­kon­struk­tion mit Schnei­den und Füh­rungs­leis­ten aus PKD benutzt.
Der Durch­mes­ser ist im μm-Bereich einstellbar.

 

links: Das Semi­sch­licht­werk­zeug für die Innen­be­ar­bei­tung ist in der unte­ren Spin­del gespannt. Umschlos­sen wird es vom glo­cken­för­mi­gen Außen­werk­zeug, das fest mon­tiert ist; mitte: Bei der simul­ta­nen Bear­bei­tung wird das Werk­stück von oben in den Ring­spalt zwi­schen dem Außen­werk­zeug und dem Innen­werk­zeug gefah­ren. Bei der Zer­spa­nung wird dabei mit reich­lich Kühl­schmier­stoff gear­bei­tet; rechts: Die Fer­tig­be­ar­bei­tung aller Innen­durch­mes­ser erfolgt mit­tels Feinbohrwerkzeug.

 

STATORGEHÄUSE SIND DIE NEUEN KURBELWELLEN

Bei NILES-SIMMONS erwar­tet man, dass die Fer­ti­gung von Sta­tor­ge­häu­sen für die Elek­tro­mo­bi­li­tät den glei­chen Stel­len­wert ein­neh­men wird, wie in der Ver­gan­gen­heit die Kur­bel­wel­len für Ver­bren­nungs­mo­to­ren. Die dafür erwar­te­ten Stück­zah­len, Takt­zei­ten und Kos­ten bewe­gen sich in einem ver­gleich­ba­ren Bereich. „Anfra­gen nach sol­chen Bau­tei­len lie­gen bei 250.000 Stück pro Jahr“, berich­tet Geschäfts­füh­rer Klaus Krä­her. Bis 2030 könne der Bedarf welt­weit bei
20 bis 50 Mil­lio­nen Stück lie­gen. „Da sind 50 Pro­zent Zeit­er­spar­nis eine Ansage, zumal in unse­rem neuen Pro­zess sicher noch Poten­zial ist“, so Kräher.

Neben dem bereits erfolg­reich umge­setz­ten Ver­ti­kal­kon­zept unter­sucht NILES-SIMMONS auch die Mög­lich­keit, vor­han­dene hori­zon­tale Maschi­nen umzu­rüs­ten. Hin­ter­grund sind über 300 Dreh­räum- und Kur­bel­wel­len­fräs­ma­schi­nen der Chem­nit­zer, die der­zeit welt­weit in Kur­bel­wel­len­li­nien der Auto­mo­bil­her­stel­ler stehen.
Sowohl der inno­va­tive Pro­zess als auch die Werk­zeuge von MAPAL kön­nen auch bei einer hori­zon­ta­len Vari­ante des Kon­zepts inte­griert wer­den. Hier­für bie­tet MAPAL auch die Ein­satz­mög­lich­keit von addi­tiv gefer­tig­ten Werk­zeu­gen, bei denen nicht nur die Gewichts­ein­spa­rung im Fokus steht, son­dern zusätz­lich Kühl­mit­tel­aus­tritte noch geziel­ter zur Schneide hin kon­stru­iert wer­den können.

Abseits der Bear­bei­tung von Sta­tor­ge­häu­sen ist der Pro­zess auch für wei­tere Werk­stü­cke aus den ver­schie­dens­ten Bran­chen anwend­bar, wie z. B. Kühl­kör­per für Hybrid­mo­to­ren, Rohre-Flan­sche-Kupp­lun­gen für die Öl- und Gas­in­dus­trie sowie Lager- und Gehäu­se­bau­teile für den all­ge­mei­nen Maschi­nen­bau bis hin zu Werk­stü­cken für die Kunst­stoff­in­dus­trie. Damit ist die­ser Pro­zess für ein sehr brei­tes Werk­stück­spek­trum mit roh­rund topf­ähn­li­cher Geo­me­trie, die Toleranzen
klei­ner gleich IT6 for­dern und hoch­ge­naue For­mund Lage­to­le­ran­zen auf­wei­sen, relevant.

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